Domain contra Namensrecht

Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.

Diese kurze Regelung im BGB zum Namensrecht hat in der Vergangenheit bereits zu unzähligen Gerichtsverfahren in Zusammenhang mit Internet-Domains geführt.

Die Ausgangslage ist dabei klar: Das Namensrecht ist Ausdruck der Individualität und dient der Identifikation des Namensträgers. Man grenzt sich mit seinem Namen von Dritten ab. Man hat in diesem Zusammenhang naturgemäß kein Interesse daran, dass ein Dritter den eigenen Namen als Domain-Namen gebraucht.

Geschützt vom Namensrecht sind grundsätzlich sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen und nicht rechtsfähige Vereinigungen.

Geschützt ist aber auch der Domain-Name, insbesondere wenn er mit dem richtigen Namen identisch oder von ihm abgeleitet ist.

Wenngleich auch nach hunderten von Rechtsstreitigkeiten und ebenso vielen Urteilen zum Problemkreis "Domain contra Namensrecht" immer noch nicht alle Fragen geklärt sind und manche Grauzone besteht, lassen sich die von den Gerichten im Konfliktfall aufgestellten Grundsätze wie folgt zusammenfassen:

  • Lässt ein nichtberechtigter Dritter eine Domain registrieren, die auf den Namen einer Privatperson, einer öffentlichrechtlichen Körperschaft oder einer Firma lautet, dann kann der Inhaber des Namens gegen den Domaininhaber grundsätzlich wegen Verletzung seines Namensrechtes vorgehen.

    Ebensowenig dürfen nach einem Urteil des Berliner Kammergerichts aus dem Jahr 2007 von einer Privatperson fremde Staatsnamen (z.B. tschechische-republik.de) als Domain registriert werden.

    Die Juristen sprechen in solchen Fällen von Namensanmaßung.

    Ein Unterlassungsanspruch ist in solchen Fällen immer dann gerechtfertigt, wenn durch die unberechtigte Namensnutzung eine so genannte Zuordnungsverwirrung ausgelöst wird und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden.

    Beide Voraussetzungen, also die Zuordnungsverwirrung und auch die Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange werden von den Gerichten im Falle der unberechtigten Verwendung eines fremden Namens in aller Regel bejaht.

    Wer also auch heute noch meint, es sei eine gute Idee, Domains auf den für ihn fremden Namen insbesondere lebender Personen der Zeitgeschichte oder von Städten, Gemeinden oder Staaten eintragen zu lassen, der wird aller Wahrscheinlichkeit nach wenig Freude an seiner Domain haben. Dies gilt im übrigen sowohl für die Top-Level-Domain mit der Endung .de, als auch für andere Top-Level-Domains, wie .com oder .info.

  • Spannender ist die Frage, wie bei Namensgleichheit zu entscheiden ist. Auch in diesen Fällen sind bereits zahllose Gerichtsverfahren angestrengt und durch mehrere Instanzen hindurch geführt worden.

    Die Ausgangslage ist hier eine andere als in Fällen der Namensanmaßung. In den Fällen der Namensgleichheit kann sich der Domaininhaber ebenso wie sein Kontrahent auf das verfassungsrechtlich geschützte Namensrecht berufen. Aufgrund der Eigenheit des Internets und der Domainvergabe ist aber nur einer der Namensträger in der Lage, zum Beispiel eine Top-Level-Domain mit der Endung .de auf seinen Namen registrieren zu lassen.

    Hier gilt nach der Rechtsprechung, dass die Interessen der beiden berechtigten Namensträger gegeneinander abzuwägen sind, wobei immer auch der Grundsatz der Priorität zu berücksichtigen ist. Wer seinen Namen demnach zuerst bei der Denic als Domain angemeldet hat, kann diese Domain im Falle der Namensgleichheit auch grundsätzlich behalten und nutzen.

    Dieser Prioritätsgrundsatz gilt nach einem Urteil des BGH vom 08.02.2007 (Az.: I ZR 59/04) grundsätzlich auch bei Anmeldung der Domain durch einen Treuhänder des Inhabers der Namensrechte, also beispielsweise durch eine Internetagentur. Voraussetzung ist hierbei aber grundlegend, dass die Agentur tatsächlich vom berechtigten Inhaber der Namensrechte mit der Konnektierung der Domain beauftragt worden ist.

    Wie so oft gilt jedoch auch hier: Kein Grundsatz ohne Ausnahmen.

    Die Gerichte rücken nämlich dann von dem Grundsatz der Priorität wieder ab, wenn die Interessen eines Namensträgers als "überragend" angesehen werden.

    So entschieden zu Gunsten der Deutschen Shell GmbH, einer Tochterfirma der bekannten Mineralölgesellschaft. Diese hatte es verabsäumt, sich die Domain shell.de zu sichern, was anstatt dessen ein Kleinunternehmer mit dem Familiennamen Shell tat.

    In diesem Fall berief sich der Bundesgerichtshof auf ein Rücksichtnahmegebot des Trägers des Familiennamens Shell. Der Markenname Shell genieße, so das Gericht, eine überragende Bekanntheit und der gemeine Internetnutzer erwarte bei Eingabe der Domain shell.de eben den Mineralölkonzern anzutreffen und nicht die Firmenhomepage eines Kleinunternehmers.

    Ähnlich wurde bei diversen anderen Domains (krupp.de) mit überragender Verkehrsgeltung entschieden.

    In anderen Fällen der Namensgleichheit, die sich allerdings dadurch auszeichneten, dass weder der Namensträger noch der Domaininhaber ein überragendes Interesse an einer Alleinstellung nachweisen konnten, wurde der Rechtsfriede dadurch wiederhergestellt, dass der Domaininhaber verpflichtet wurde, auf der Startseite seiner Homepage klarzustellen, dass die Internetseite keinerlei Bezug zu dem anderen Namensträger hat.

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Namensrecht durch einen Domaininhaber sind Ansprüche auf Löschung der Domain, Unterlassung der weiteren Nutzung und auch auf Schadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung der Domain. Ein Anspruch gegenüber der Denic auf eine vorsorgliche komplette Sperrung einer Domain kann nicht geltend gemacht werden.

Ansprüche müssen in aller Regel gegen den Domaininhaber geltend gemacht werden. Die Denic als Registrierungsstelle ist in Namensstreitigkeiten nur dann ein tauglicher Ansprechpartner, wenn die konkrete Rechtsverletzung für die Denic offenkundig und ohne weiteres feststellbar war.

Schließlich ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006 auch geklärt, dass das Namensrecht einer Person mit deren Ableben erlischt. Nach dem Tod einer Person haben die Erben allerdings die Möglichkeit, wegen Verletzung des postmortalen allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen eine Nutzung des Namens des Verstorbenen, beispielsweise für eine Domain, vorzugehen. Gleichzeitig hat das oberste deutsche Zivilgericht aber auch entschieden, dass Ansprüche der Erben an einer wirtschaftlichen Verwertung des Persönlichkeitsrechtes des Verstorbenen nur noch für einen begrenzten Zeitraum von zehn Jahren nach Todesfall bestehen.