Haftung des Internetseitenbetreibers für fremde Inhalte - Gästebuch - Haftung von Forenbetreibern

Zahllose Internetseiten bieten dem Nutzer mittlerweile die Möglichkeit, eigene Beiträge in Meinungsforen oder Gästebüchern auf den Seiten zu hinterlassen. Weiter werden mit steigender Tendenz mit Hilfe einschlägiger Verkaufsportale wie ebay millionenfach automatisiert Verkäufe über das Internet abgewickelt.

Was passiert aber nun, wenn in Gästebüchern oder Foren ohne das Wissen des Betreibers Beiträge auftauchen, die ehrverletzenden oder sonst wie strafrechtlich relevanten Charakter haben? Wie ist zu entscheiden, wenn ein Internetnutzer ein Forum dazu missbraucht, um - rechtswidrig - zum Boykott einer bestimmten Firma aufzurufen. Hat ein Betreiber eines online-Versteigerungsportals schließlich ein Problem, wenn auf seinen Seiten Verkaufsangebote auftauchen, die ganz offensichtlich gegen das Markenrecht einer Firma verstoßen?

Die gute Nachricht für Internetseitenbetreiber, die rechtlich zweifelhafte Einträge Dritter auf ihren Seiten vorfinden, vorneweg:

Soweit der Betreiber der Internetseite von dem rechtswidrigen Inhalt auf seiner Seite keine positive Kenntnis hat, er sich auch keiner Tatsachen und Umstände bewusst ist, aus denen die rechtswidrige Handlung offensichtlich geworden ist und wenn er weiter den rechtswidrigen Inhalt nach Kenntnis unverzüglich von seiner Internetseite entfernt, dann drohen dem Internetseitenbetreiber in aller Regel weder Schadensersatzansprüche finanzieller Natur noch strafrechtliche Konsequenzen.

Die schlechte Nachricht für Betreiber von Internetforen, Gästebüchern und Verkaufsplattformen:

Wenngleich die Rechtsprechung in diesem Punkt uneinheitlich ist, besteht für den Internetseitenbetreiber bei von Dritten eingestelltem und rechtswidrigem Inhalt die konkrete Gefahr, vom Verletzten erfolgreich als so genannter Störer auf Unterlassung der inkriminierten Äußerungen oder sonstiger Rechtsverletzungen - kostenpflichtig - in Anspruch genommen zu werden.

Anhand folgender Parameter nehmen dabei derzeit Obergerichte einen Unterlassungsanspruch gegen einen Betreiber einer Internetseite, auf der rechtswidrige Inhalte Dritter erscheinen, an:

  • Dem Grunde nach, so die Rechtsprechung, kann derjenige, der - ohne selber Täter oder Gehilfe zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, als Störer für eine Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Dem Grunde nach ist demnach der Forenbetreiber und die Verkaufsplattform also für Rechtsverletzungen Dritter verantwortlich.

  • Die Haftung des Störers soll jedoch nicht unbegrenzt angenommen werden können, sondern setzt eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Dem Internetseitenbetreiber muss also ein Vorwurf gemacht werden können, dass sich die rechtswidrigen Inhalte auf seiner Seite befinden.

Wie weitgehend nunmehr diese Prüfungspflichten im Einzelfall sind, darüber ist man sich bei den Gerichten noch nicht einig.

  • Der Betreiber einer Internet-Verkaufsplattform musste sich im Jahr 2004 von dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen, dass er immer dann, wenn er auf eine klare Rechtsverletzung (im entschiedenen Fall eine Markenrechtsverletzung) hingewiesen wurde, nicht nur das fragliche Angebot unverzüglich zu löschen habe, sondern gleichzeitig dafür Sorge tragen müsse, dass es "möglichst nicht zu weiteren derartigen Markenverletzungen" kommt.

  • Das OLG Hamburg hat in einem im Jahr 2006 entschiedenen Fall angenommen, dass ein Unterlassungsanspruch gegen einen Forenbetreiber bereits dann begründet ist, wenn er zwar die mit Recht beanstandeten Postings Dritter unverzüglich löscht, es aber unterlässt, dafür zu sorgen, dass zukünftig rechtswidrige Postings in der Sache unterbleiben. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung soll nach Auffassung des Gerichts zu Gunsten der verletzten Person vor allem zu berücksichtigen sein, ob die rechtsverletzenden Beiträge von dem Betreiber des Forum "provoziert" wurden bzw. ob das Forum im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit (dann gesteigerte Überwachungstätigkeit zumutbar) betrieben wird.

  • Das OLG Düsseldorf hat ebenfalls im Jahr 2006, wesentlich praxisnäher, entschieden, dass ein Betreiber eines Internetforums nicht für rechtsverletzende Beiträge Dritter haftet, wenn er solche Beiträge nach Kenntnis unverzüglich löscht. Eine von den anderen Gerichten angenommene prophylaktische Prüfungspflicht auf weitere Rechtsverletzungen durch nachfolgende Beiträge hat das OLG Düsseldorf in Kenntnis der BGH-Rechtsprechung für einen privaten Forenbetreiber als nicht zumutbar ausdrücklich abgelehnt. Gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf wurde Revision zum BGH eingelegt.

  • Der BGH hat nunmehr in einem Urteil vom 27.03.2007 die Verantwortlichkeit für Betreiber von Internetforen verschärft. Danach kann bei ehrverletzenden Äußerungen Dritter in Internetforen ein Unterlassungsanspruch gegen den verantwortlichen Betreiber des Forums bestehen, selbst wenn dem in seiner Ehre Verletzten die Identität des Autors der ehrverletzenden Beiträge bekannt ist. Gleichzeitig hat der BGH festgehalten, dass der Betreiber eines Internetforums bei Kenntniserlangung von rechtswidrigen Inhalten in seinem Forum zum Sperren bzw. Entfernen des von dritter Seite eingestellten Inhalts verpflichtet ist.

  • Das Landgericht Berlin hat die Haftung von Forenbetreibern in einem Urteil vom 31.05.2007 - entgegen der Rechtsansicht des Ausgangsgerichts - auf ein handhabbares Maß zurückgeführt. Danach setzt die Inanspruchnahme eines Forumbetreibers als Störer jedenfalls voraus, dass der Forenbetreiber Prüfpflichten verletzt hat. Für Betreiber von online-Portalen lehnt das Gericht eine prophylaktische Prüfpflicht aller eingestellter Beiträge ausdrücklich als "praktisch nicht durchführbar" ab.

  • In diesem Sinne hat auch das LG Düsseldorf in einem Urteil aus dem Juni 2007 Augenmaß bewiesen. Auch in diesem Fall war der Betreiber eines Internetforums auf Unterlassen in Anspruch genommen worden, diverse - im konkreten Fall tatsächlich beleidigende - Foren-Beiträge weiter zu verbreiten. Der Foren-Betreiber hatte die fraglichen Beiträge allerdings auf Hinweis des betroffenen Beleidigungsopfers umgehend gelöscht. Vor diesem Hintergrund vermochte das Gericht den Foren-Betreiber nicht als Störer qualifizieren. "Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus." Solche Prüfpflichten habe der Betreiber des Forums im konkreten Fall nicht verletzt. Die Klage wurde abgewiesen.

  • Das Landgericht Hamburg hat die Diskussion um die Haftung von Forenbetreibern in einer aktuellen Entscheidung wieder neu eröffnet. In einem Urteil aus dem Dezember 2007 verlangte das Landgericht von dem Betreiber eines Internet-Blogs, dass dieser von Dritten verfasste Kommentare in seinem Blog vor Veröffentlichung auf mögliche Rechtsverstöße kontrolliert. Das Landgericht ließ es ausdrücklich nicht ausreichen, dass der fragwürdige Eintrag vom Betreiber des Blogs unmittelbar nach Kenntnis gelöscht wurde.

In Anbetracht der schwankenden Rechtsprechung sollte der Internetseitenbetreiber sein Forum oder Gästebuch regelmäßig auf eindeutig rechtwidrige Einträge kontrollieren und diese Bemühungen auch dokumentieren.

Wer als Betreiber einer Internetseite auf Unterlassen der Veröffentlichung eines Foren- oder Gästebucheintrags in Anspruch genommen wird, dem kann nur geraten werden, den beanstandeten Eintrag unverzüglich vom Netz zu nehmen. Man hat im Nachgang alle Zeit der Welt, sich auch mit anwaltlicher Hilfe über Begründetheit oder Unbegründetheit des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs Gedanken zu machen. Anlass für weitergehende und entsprechend Kosten auslösende Maßnahmen hat man dem Anspruchsteller mit Löschung des inkriminierten Eintrags aber zunächst nicht gegeben.